Expo Real 2022 – Kapital sucht Vertrauenswürdigkeit

Rund 1.900 Aussteller aus 33 Ländern waren zur Expo Real 2022 gekommen, etwa 60 Prozent mehr als 2021. Das Vor-Corona-Niveau wurde knapp verfehlt, aber man näherte sich wieder „normalen“ Zahlen an. Etwa 40.000 Teilnehmer verteilten sich drei Tage lang auf sieben Hallen und ließen von 4. bis 6. Oktober nicht erahnen, dass vom Ende der Pandemie noch immer keine Rede sein kann. Zu spüren war jedenfalls der Drang, sich in einer Zeit des Umbruchs wieder live auszutauschen. Soweit zu den guten Nachrichten. Die schlechten? Nun, die Stimmung war gedämpft.

Branche in Aufruhr

Die Immobilienbranche steht zweifellos vor gewaltigen Herausforderungen. Pandemie, Krieg und geopolitische Verwerfungen bilden einen schwierigen Rahmen für eine Phase der Transformation, in der ganz besonders das Thema Klimawandel im Fokus steht. Der ökologischen Wende wurde bei der Expo auch ein besonderes Augenmerk geschenkt, etwa mit den erstmalig stattfindenden ESG-Tours, die Lösungen für die Environmental, Social und Governance Anforderungen nahebringen sollten.

Die Branche scheint den Ernst der Lage so richtig erkannt zu haben. Ohne nachhaltige Geschäftsmodelle ist keine erfolgreiche Zukunft in Sicht – weder für die Unternehmen am Markt, noch für die gesamte Gesellschaft. Die Erkenntnis sorgt bei manchen für Beunruhigung. Das deutete schon eine Online-Umfrage unter rund 500 deutschen Teilnehmern im Vorfeld des Branchentreffens an: Demnach gehen knapp die Hälfte der befragten Entscheider aus ausstellenden Unternehmen davon aus, dass die Investitionen in deutsche Immobilien sinken werden. Die Erwartungen an den herbstlichen Immobilienmarkt sind also eher gedämpft denn hoffnungsfroh.

Position am Nachhaltigkeitsmarkt

An den finanziellen Möglichkeiten liegt es übrigens eher nicht. Kapital steht ausreichend zur Verfügung, an Projekten in der Pipeline herrscht kein akuter Mangel. Das Problem ist eher im Kopf anzusiedeln. Die Krisenzeit hat scheinbar einige Player dazu veranlasst, die Strategie des Abwartens zu pflegen – in der Hoffnung unbeschadet wieder aufzutauchen, wenn sich der Seegang beruhigt hat. Ob die Taktik aufgeht, darf stark bezweifelt werden. Wie es geht, zeigen jene, die das im wahrsten Sinne des Wortes „raue“ Klima der jüngsten Vergangenheit dazu genutzt haben, ihre Marktstrategien zu adaptieren. Wer anstatt abzutauchen die Segel gesetzt hat, ist vorne weg. Der Klimawandel verträgt keinen Aufschub. Die glaubhafte Implementierung von ESG in die Geschäftsstrategie ist eine conditio-sine-qua-non, um sich eine neue, gestärkte Position am Nachhaltigkeitsmarkt zu sichern. Nur wer hier vertrauenswürdig erscheint, wird zum Partner der Investoren. Kapital und Vertrauen sind ein Paar – eines das erfolgreich ist und gedämpfte Stimmung gar nicht erst aufkommen lässt. Auch das war bei der Expo 2022 zu spüren.

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