ESG ALS RISIKOFAKTOR?

Zugegeben eine eher provokante Überschrift. Zumal das Thema in der Summe deutlich positiv besetzt ist. Doch der Hinweis erfolgt aus der Perspektive der Implementierung von ESG Prozessen in Unternehmen. Der Wink des Kapitalmarkts auf die Immobilienakteure mittels EU-Taxonomie oder Offenlegungsverordnung doch mehr zu machen, ist laut zu vernehmen. Deutlicher formuliert: es muss mehr Geschwindigkeit an den Tag gelegt werden beim Umbau der Ökonomie in Richtung „grün“ bzw. „nachhaltig“! Die Chancen werden seit Jahren aufgezählt und sind heute wissenschaftlich deutlich untermauert. Eine „grüne Rendite“ dürfen diejenigen Akteure erwarten, welche sich auf den Weg machen. Doch der Rest? Zu träge oder um fairnesshalber zu argumentieren: Standards? Welche Standards haben wir denn aktuell und zukünftig? Management bei einem moving target war noch nie leicht, also dann doch besser abwarten? Ökonomisch durchaus nachvollziehbar – zumindest kurzfristig. 

An der Stelle wird klar, dass klassisches Nudging, ein zentraler Baustein der Verhaltensökonomie, immer weniger zieht. Bleibt die Keule, also das Darstellen der negativen Konsequenzen. Übersetzt heißt auf in die Sprache der Immobilienwirtschaft: „ihr bleibt auf „stranded assets“ sitzen, wenn ihr so weiter macht“. Vor allem wenn die Immobilienmärkte an Dynamik verlieren und sich nicht mehr alles problemlos vermiete oder verkaufen lässt. Starker Tobak, aber eben auch Teil der Argumentationslinie. Und mit Blick auf die Marktverfassung sind zumindest erste Wolken am Horizont zu erkennen.        

Klar ist, der Megatrend Nachhaltigkeit ist aus der Immobilienwirtschaft nicht mehr wegzudenken und hat sich mittlerweile zu einem bedeutenden Wettbewerbsfaktor entwickelt. Nachhaltigkeit als Performance-Kriterium wird in der Immobilienwirtschaft ebenso wie in anderen Branchen immer entscheidender, nicht zuletzt da die Finanzierung und somit die Fremdkapitalkosten für grüne Unternehmen vergleichsweise günstiger und einfacher wird. 

Ist ESG also ein Risikofaktor? Ja, das ist er – vor allem für diejenigen, welche noch immer an der Seitenlinie stehen, zuschauen und auf stabile Standards hoffen – diese werden so schnell nicht einstellen. Das Aufwachen im Grauen Kapitalmarkt wird deshalb umso heftiger sein.  

Prof. Dr. Thomas Beyerle 

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